Pressestimmen

Endstation für die Station?
Biebesheimer Kunstkooperative
widmet sich dem Bahnhof als Symbol der Kultur

RIED ECHO, 17.11.2012
BIEBESHEIM. „… „Bitte einsteigen!“ So ist eine Ausstellung bei der Kunstkooperative Rhein-Main überschrieben, die sich mit dem „Bahnhof als Symbol unserer Kultur“ beschäftigt. Als Beispiel steht der Biebesheimer Bahnhof im Rampenlicht, dem die „Endstation“ droht. So nennt Lothar Reinhardt seinen Comic, den der Zeichentrickfilm aufgreift: Ratten erobern das zur Ruine verkommende Gebäude.

Der Hausherr in der Heinrichstraße 32 machte bei der Eröffnung der Ausstellung deutlich: „Wir wollen die kritisch-ästhetische Bestandsaufnahme des Zustands mit unseren künstlerischen Visionen verbinden.“ Das sei nichts Statisches, sondern interaktiv – beim Animationsfilm und einer Publikumsbefragung. Zudem begrüßte er einen unter den Gästen einen echten Eisenbahner: Heinrich Daum war Wirt im Gasthaus „Zur Eisenbahn“ und hatte Dokumentarisches zur Hand. Die Künstler haben sich mit ihren Mitteln mit dem Bahnhof auseinandergesetzt: Liedermacher Hans-Werner Brun steuerte ein gesungenes Poem vom einstigen Schmuckstück bei, das heute verlassen, seelenlos und leer ist. Die Skulptur „Abschied und Wiedersehen“, ein Paar in inniger Umarmung, stammt von Hermann Freymadl.

Elke Reinhardts Koffer quillt über von Papphäusern. 1000 sollen es werden, gut die Hälfte ist geschafft. Sie stehen symbolisch für die trostlos-verlassenen Bahnhöfe in Deutschland. Christine-Katharina Krämer lässt auf ihrem Gemälde mit einer Uhr wissen, dass es sich um eine Bahnhofshalle handelt. Mark Warren hat in seinen Arbeiten die Biebesheimer Station verändert, doch noch erkennbar gelassen. Joest Steuer erzählt von „Neulich am Wahnhof“, den er im Weichzeichner-Verfahren abbildet, rotes Licht aus den Fenstern werfend. Utopische Literatur verkürzt die Wartezeit: „Der Zug war pünktlich“ von Heinrich Böll. Details hält Carolina Lechelt auf ihren Fotos fest: den radelnden Jungen in der Unterführung, die rote Bank samt Papierkorb.

Ganz nah dran ist auch Peter Sorge mit dem alten Handwaschbecken: „… und die Verantwortlichen waschen sich die Hände in …“. Brigitte Mädler ist mit einer Installation vertreten. Die ihren Zeichnungen beigegebenen Playmobilfiguren halten Schilder in den Händen: „Stuttgart 21 – Biebesheim 12“ oder „Unsere Bahnhöfe bieten für jeden das Richtige“.

Davon scheint Rebekka Mann keineswegs überzeugt. Mit Poetik, beschwert mit Steinen aus dem Gleisbett, geht sie dagegen an: Einst ein Ort voller Magie, den man heute fliehen möchte. Schließlich zeichnet Lothar Reinhardt das Gebäude schön bunt und so einladend, wie Bahnhöfe in der Provinz eben einladend sind. Dann jedoch: Verfall in Schwarzweiß, Risse im Mauerwerk, einstürzendes Dach. Rostig sind da nicht nur die knapp 50 Zentimeter Original-Gleis, die ebenfalls besichtigt werden können…“