Pressestimmen

Altes Lied neu interpretiert
Lothar Reinhardt zeigt vier Wochen lang seinen Nibelungen-Zyklus im Hofgut Guntershausen

ECHO ONLINE, Stockstadt 30.08.2016
„… Am Freitagabend stellt Reinhardt im Verwalterhaus des Hofguts Guntershausen seine Werke Gemälde und Objekte und Plastiken aus Metall, Holz und Stein – einem knapp fünfzigköpfigen Publikum vor. Bei seinen Erläuterungen unterstützen ihn Lucia Bornhofen, Hans-Josef Becker, Songpoet Hans-Werner Brun und Petra Riha von der Nibelungengesellschaft in Worms mit begleitenden Texten und Liedern.
Kapitel eins: der Rhein
An den Anfang hat Lothar Reinhardt den Rhein gestellt. Um dieses Thema drehen sich sämtliche Bilder im ersten Raum der Hofgut-Galerie: Die Rheintöchter schwimmen mit einem riesigen Wels im blauen Wasser, dunkle Flusslandschaften – teils real und teils verfremdet – umrahmen die Ereignisse, goldgefüllte Nachen mit blutrotem Segel fahren in die Nacht. Ein Objekt mit Rheinkieseln, betitelt „Die drei Königsbrüder“, macht deutlich, wie Gunther, Gernot und Giselher nach dem Tod ihres Vaters mehr schlecht als recht gemeinsam in Worms regieren.
Rat und Stabilität bietet ihnen und ihrem Reich Hagen von Tronje – er war schon Gefolgsmann ihres Vaters –, von dessen eiskalten Augen Brun ein Lied zu singen weiß.
Der Sänger schildert, wie der alte Kämpe den Nibelungenschatz im Fluss versenkt – und den Fährmann als unliebsamen Zeugen gleich mit.
Kapitel zwei: Siegfried
Vom Rhein und der in die Region eingebetteten Mordtat leitete der Künstler weiter zu Siegfried, dem Helden, der von weither kommt, um die Wormser Königstochter zu freien. Allerdings bescheinigt er dem jugendlichen Draufgänger eine wenig positive Entwicklung:
Der junge Kraftprotz sei ein skrupelloser Opportunist, fühle sich nach dem Tod des
Drachen gottgleich und werde nach dem Bad im Blut des Tiers, das ihn fast unverwundbar mache, zum „maßlosen Alleinherrscher“, zum „Superstar“. Verstärkt wird das Geschehen durch das Farbspiel der Gemälde. Rot übernimmt die vorherrschende Rolle. Auch diese Siegfried-Bedrohung für den Burgundenhof beseitigt der „grimme Hagen“. Nur Kriemhild trauert.
Vor seinem Tod aber hat Siegfried seinem königlichen Schwager Gunther noch bei einem Betrug helfen müssen. Brunhild – „eine starke, selbstbestimmte und damit moderne Frau“, so Reinhardt – wurde als Braut an den Rhein gelockt. Die Bilder zeigen Brunhild, erwartungsvoll auf dem Bett liegend. Gemahl Gunther hängt nackt daneben an einem Haken, wohin ihn die enttäuschte Frau kurzerhand entsorgt hat. Hans-Werner Brun sang dazu „Ich steck tief im Liebeswahn“. Siegfried muss schließlich die starke Frau unterwerfen, was dazu führt, dass Kriemhild sie zutiefst demütigen kann. Reinhardts kraftvolle Bilder berichten davon im dritten Raum der Galerie quasi im Rückblick. Die Farben wechseln, passend zum symbolstarken Inhalt, mit zunehmender Gewalt und drohendem Unheil mehr und mehr zu Rot und Schwarz.
In Kapitel vier schließlich spitzen sich die Ereignisse zu. Kriemhild nimmt grausam Rache für den Mord an ihrem Ehemann Siegfried. Den Frauen der Nibelungen widmet Lucia Bornhofen Thekla Lingens Gedicht „Die Trotzige“. Die emanzipatorischen Gedanken der Verse „Und was ich tat, ich hab’s getan“ spiegeln die Gedanken einer selbstbewussten und selbstbestimmten Frau wieder. Reinhardts Kriemhild-Porträt zeigt genau eine solche Frau.
Der mittelhochdeutsche Originaltext
Petra Riha von der Nibelungenliedgesellschaft in Worms vermittelt mit ihrer Lesung des
mittelhochdeutschen Originals und dessen Übersetzung abschließend einen Eindruck von
der Sprachgewalt des Heldenepos, das vermutlich um das Jahr 1200 entstand.“